An alle Leser dieses Blogs,

ich durfte für k50 die Lesung der kanadischen Autorin Margaret Atwood Facebook im Rahmen der lit.COLOGNE besuchen. Kompletter Artikel hier: http://dft.ba/-margaret_atwood …  #k50mag(Twitter) #k50mag (Facebook)
 

Da mir in dieser finalen Version jedoch diverse Fehler aufgefallen sind und ich diesen Blog sowieso schon seit längerem mit irgendetwas füllen wollte hier nun eine etwas überarbeitete Version:

Oh Fuck!


Literatur mit Margaret Atwood: Kopfkino vom Feinsten.

Margaret Atwood war anscheinend selbst ein klein wenig über den langanhaltenden Applaus überrascht, der sie im Klaus-von-Bismarck-Saal des WDR Funkhauses am Wallrafplatz Willkommen hieß. Die kanadische Autorin, die mit der Dystopie „Der Report der Magd“ bekannt wurde, stellte letzten Mittwoch den dritten und letzten Teil „Die Geschichte von Zeb“ ihrer aktuellen Trilogie vor, welche mit den Romanen „Oryx und Crake“ und „Das Jahr der Flut“ begann.

Susanne Becker, die Moderatorin des Abends, stellte zunächst das Thema der Trilogie vor: Sie spielt in einer futuristischen und sogleich dystopischen Welt. Die Idee zu einer solchen Geschichte kam Margaret Atwood auf einer Reise nach Australien, auf welcher sie mit Naturforschen vom Aussterben bedrohte Vögel beobachtete. Unweigerlich kam sie auf den Gedanken, auf welchem Rang der homo sapiens sapiens auf der Liste von vom Aussterben bedrohter Tiere wohl sein könnte. Diese Idee führte sie weiter, indem sie einen sehr logischen Wissenschaftler namens Crake auf die Idee brachte, eine neue Spezies Mensch zu entwickeln, welche viel friedfertiger als die gegenwärtige Art Mensch ist.

Dafür müssen natürlich einige entscheidende Änderungen vorgenommen werden: Die neugeschaffenen sogenannten „Craker“ essen Blätter, welche überall wachsen, da Landwirtschaft notwendigerweise mit dem Besitz von Land, und demzufolge auch mit Streit oder sogar Krieg zusammenhängt. Um weiteren möglichen Unruheherden aus dem Weg zu gehen werden die Geschlechtsorgane der „Craker“ blau sobald sie paarungswillig sind. „Wie praktisch wäre das denn?“, so Atwood. Falls es dann doch einmal, aus welchem Grund auch immer, zu Verletzungen jeglicher Art kommen sollte, besitzten die „Craker“ die Fähigkeit sich durch schnurren selbst zu heilen. Mit diesem Hintergrund war es auch den Zuhörern möglich, die nicht mit Atwoods vorherigen Erzählungen vertraut waren, der anschließenden Lesung zu folgen.

In der fünfsekündigen Pause, bevor Claudia Michelsen mit der Lesung begann, herrschte eine Stille im Saal von der mancher Lehrer nur träumen kann. Viele schließen die Augen. Das Kopfkino springt an: Der darauf folgende Abriss handelt Tobys und Zebs Problemen in der neuen Welt, in welcher sie sich nun befinden. Ob sie nun auf der Flucht vor den fundamentalistischen „Gottesgärtnern“ sind, die an alten Moralvorstellungen festhalten möchten, oder den Umgang mit den „Crakern“ austesten müssen: An Spannung fehlt es Margaret Atwoods Erzählungen nie.

Dem darauf folgenden Applaus schloss sich Margaret Atwood mit sichtlicher Begeisterung über das soeben Gehörte gerne an. Es folgten weitere Fragen von Susanne Becker über die Reise nach Australien und Atwoods Anfänge als Autorin. Im Laufe des Gesprächs fällt die Frage des Genres ihrer Romane und ob sie als tragisch oder als komisch angesehen werden sollten. Laut Atwood tun sich Deutsche mit der Antwort „Beides.“ ganz besonders schwer, weshalb sie die Lesung mit einem äußerst komischen und höchst persönlich vorgetragenen Abriss über einen Gott Namens „Fuck“ beendete.
Die „Craker“ lieben Geschichten, weshalb sie Überlebende oft dazu auffordern, ihnen welche zu erzählen. Da sie so friedfertig sind, konnten sie mit dem Fluchwort „Fuck“ nichts anfangen. Nun musste Toby es ihnen aber irgendwie erklären, da Zeb versehentlich „Oh Fuck“ herausgerutscht ist, so allerdings niemand hieß. Also erklärte Toby, dass Fuck ein Gott ist, welcher mit den Worten „Oh Fuck“ herbeigerufen werden kann und einem hilft, wenn man in Schwierigkeiten steckt. „Sobald man seinen Namen sagt, geht es einem schon besser.", so Toby. Zeb, der während dessen im Gebüsch gebannt lauscht, kann sich vor Lachen kaum noch halten.

Nach der Vorlesung bildete sich vor Margaret Atwoods Signier-Stand eine Schlange, welche von ihrer Länge her durchaus mit der eines großen Freizeitparks verglichen werden könnte. Und obwohl es schon sehr spät am Abend war nahm sie sich für jeden einzelnen in dieser sich scheinbar endlos in der Lobby kreisenden Schlange Zeit für ein kurzes Gespräch oder Foto. Gerade die Professionalität und natürlich ihr unverkennbarer Schreibstil macht Margaret Atwood zu dem was sie ist: Eine Lady der alten Schule. Als Allerletzter durfte ich ihr meine Frage stellen.

Ich habe diesen Abend sehr genossen und war überrascht, wie viel Humor in einer Dystopie doch Platz finden kann.

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